Dreeuntwintig. Treogtyve. Trý og tjúgu. Tuttugu og þrír. Tjuetre. Tjuetre. Tjugotre.

Letzte Vorbereitungen. Vor allem muss der Baum spätestens heute Abend aufgestellt und geschmückt werden. So weit, so einig zwischen Norddeutschland und Skandinavien – aber spätestens bei der Frage, was man in den Baum hängt und was man sonst noch damit tut, scheiden sich dann die Geister. Passend dazu geht es heute um Lehnwörter, die etwas mit Weihnachtsbäumen zu tun haben, aber nicht unbedingt in allen Sprachen.

Nummer eins: der Baum selbst. Das Wort für Baum ist in den skandinavischen Sprachen dasselbe wie für Holz (dän./fär. træ, isl. tré, norw. tre, schw. träd) und hat nichts mit dem Niederdeutschen zu tun. Auch das schwedische julgran (wörtlich übersetzt ungefähr Weihnachtstanne) nicht. Aber das niederdeutsche Wort für Baum kommt trotzdem in den skandinavischen Sprachen vor, nämlich im dänischen/norwegischen/schwedischen bom sowie im färöischen bummur und im isländischen bóma, also den Wörtern für Schranke oder Hürde – oder auch Baum als Fachbegriff für die Stange an der Unterseite eines Segels. Diese Dinge wurden früher aus dünnen Baumstämmen hergestellt und deswegen auch mit dem normalen Wort für Baum bezeichnet, und zwar zunächst auf Mittelniederdeutsch (bōm; heute Boom). Im Hochdeutschen gibt es noch heute den Schlagbaum als ein etwas altertümliches Wort für Schranke. Und in Hamburg gibt es eine Reihe von Ortsnamen, hinter denen diese Bedeutung steckt: Ein Stadtteil heißt zum Beispiel Rotherbaum (ursprünglich rot angemalte Schranke), eine Straße am Hafen Baumwall (hier bezieht sich der Baum auf eine vor der Hafeneinfahrt querliegende Sperre in der Elbe).

Wenn man will, darf man natürlich auch in Norddeutschland Flaggen in Weihnachtsbäume hängen.

Nummer zwei: schmücken. Hier haben wir Wörter wie dänisches/norwegisches pynte, färöisches/schwedisches pynta und isländisches punta, die man auch im Zusammenhang mit Weihnachtsdekoration verwendet (< mnd. pünten in der Bedeutung ordnen, heute nicht mehr gebräuchlich). Und außerdem gibt es natürlich dänisches/norwegisches smykke, färöisches smykka/smúkka und schwedisches smykke, die auch Schmuck bezeichnen, aber eher im edleren Sinne von Schmuckstücken, also zum Beispiel Halsketten oder Ohrringen (< mnd. smücke, heute S(ch)muck).

Nummer drei: Flagge. Flaggen gehören selbstverständlich zur Dekoration dazu, wenn auch vielleicht eher nicht in Deutschland. Die skandinavischen Wörter dafür sind Entlehnungen aus dem Niederdeutschen (dän. flag, fär./isl./norw. flagg, schw. flagga; nd. Flagg). Ob Fahnen dasselbe sind wie Flaggen, kann man diskutieren. Auf jeden Fall sind die Wörter dafür auch niederdeutsch (dän./norw. fane, fär./isl. fáni, schw. fana < mnd. vāne, heute Fahn).

Nummer vier: tanzen. Man muss Weihnachten nicht still auf dem Sofa sitzen, man kann – genug Platz vorausgesetzt – auch, wie es ein skandinavischer Brauch ist, um den Weihnachtsbaum tanzen. Tanzen ist sicher keine norddeutsche Erfindung, aber zumindest hat das Niederdeutsche das Wort dafür aus dem Französischen (danser) übernommen (mnd. dansen, heute danzen) und in die skandinavischen Sprachen weitergereicht (dän./norw. danse, fär./isl./schw. dansa). Übrigens muss auch das Hochdeutsche dieses Wort aus dem Niederdeutschen oder Niederländischen übernommen haben, wobei (wie in niederdeutsch-hochdeutschen Wortpaaren üblich) das anlautende d- durch ein t- ersetzt worden ist.