Tag 5: Wie Dinge effektiv erledigt werden

Das Passiv hat im Deutschen keinen guten Ruf, und vielleicht zu Recht: Passivsätze wirken beim Lesen oder Hören leicht unpersönlich, oft bürokratisch und vor allem: umständlich. Wenn Bestandsaufnahmen durchgeführt werden, komplexe Verwaltungsvorgänge hätten vereinfacht werden können oder die Reform einer Regelung verschleppt zu werden droht, dann entsteht manchmal der Eindruck, man verwende viel grammatischen Aufwand darauf, lieber nicht zu sagen, wer etwas tut.

Andererseits hat das Passiv auch eine Funktion: Es sorgt dafür, dass in einem Satz der Fokus nicht auf dem Subjekt liegt (oft dem handelnden Part bei einem Ereignis), sondern auf anderen Beteiligten oder auf dem Ereignis selbst. Wenn es darum geht, dass eine Aufgabe erledigt wird, aber nicht wichtig ist, von wem, dann ist es praktisch, sagen zu können: Wird gemacht!

Zlatan tacklar. (Eller tacklas?)

Das Deutsche und auch andere europäische Sprachen bilden das Passiv mit Hilfsverben, etwa dem deutschen werden oder dem englischen be. Diese Möglichkeit gibt es in den skandinavischen Sprachen auch; man nutzt dafür die Verben für ‚werden‘, also dänisches blive, färöisches verða oder blíva und norwegisches und schwedisches bli sowie im Isländischen das Verb vera (sein).

Ungewöhnlich ist aber, dass es zusätzlich auch noch eine Passivform gibt, die ohne Hilfsverb auskommt und stattdessen einfach eine Endung nutzt – im Dänischen und im Bokmål -es, im Färöischen, im Isländischen und im Nynorsk -st, im Schwedischen -s. Wann man welche Passivvariante wählt, ist nicht in allen Sprachen gleich. Oft hängen recht subtile Unterscheidugen an der Auswahl, und manchmal haben Formen mit Passivendungen auch Sonderbedeutungen. Außerdem gibt es die Passivendung nicht unbedingt für alle Verbformen – zum Beispiel kann man im Dänischen nur Präsensformen auf diesem Wege ins Passiv setzen.

Am konsequentesten ist in dieser Hinsicht das Schwedische. Hier ist dem s-Passiv praktisch keine Grenze gesetzt:

Aktivs-Passiv
Präsensdiskuteradiskuteras
Präteritumdiskuteradediskuterades
Perfekthar diskuterathar diskuterats
Plusquamperfekthade diskuterathade diskuterats
Infinitivska diskuteraska diskuteras

Es ist also lautlich ein sehr kleiner, inhaltlich aber ein wesentlicher Unterschied, ob zum Beispiel ein Fußballspieler einen anderen anrempelt (tacklar) oder angerempelt wird (tacklas).

Gleichzeitig ermöglicht es das s-Passiv aber, auch längere Abschnitte im Passiv zu schreiben, ohne dass sie dadurch automatisch allzu umständlich wirken. Der Satz När appen har installerats visas ett meddelande om den behöver uppdateras eller om versionskonflikter har lösts enthält drei Passive, ist aber weniger komplex als die deutsche Übersetzung: Sobald die App installiert worden ist, wird eine Nachricht angezeigt, wenn sie upgedatet werden muss oder wenn Versionskonflikte gelöst worden sind.

(In dem Beispiel ist alles fett markiert, was gebraucht wird, um das Passiv auszudrücken. Wenn man die schwedische Konstruktion auf Deutsch nachbauen wollte, würde das ungefähr ergeben: Sobald die App installierts hat, zeigts eine Nachricht, wenn sie updatens muss oder wenn Versionskonflikte gelösts haben.)

So ist das Passiv wirklich eine effektive Lösung für manches Problem!