Tag 17: Eine Woche voller Götter

Heute ist Dienstag. Dass jeder Tag zu einer Woche gehört und dass es Wörter für die Position eines Tags in der Woche gibt, erscheint so selbstverständlich, dass es geradezu Mühe kostet zu erkennen, dass die Wochentage in Wahrheit eine sehr kulturspezifische Angelegenheit sind – und etwas, das unsere Gesellschaften irgendwann eingeführt, modifiziert und weiter vererbt haben.

Die Namen unserer Wochentage gehen auf die griechisch-römische Antike zurück, in der die Tage mit den Namen von Himmelskörpern versehen wurden, die aber zugleich auch Namen von Gottheiten waren. Die Äquivalenzen zwischen griechisch und römischen Gottheiten waren schon im Römischen Reich fest etabliert:

BedeutungAltgriechischLatein
Tag des Mondes (der Luna/Selene)ἡμέρα Σελήνης (hēméra Selḗnēs)dies Lunae
Tag des Mars/Aresἡμέρα Ἄρεως (hēméra Áreōs)dies Martis
Tag des Merkur/Hermesἡμέρα Ἑρμοῦ (hēméra Hermoû)dies Mercurii
Tag des Jupiter/Zeusἡμέρα Διός (hēméra Diós)dies Iovis
Tag der Venus/Aphroditeἡμέρα Ἀφροδίτης (hēméra Aphrodítēs)dies Veneris
Tag des Saturn/Kronosἡμέρα Κρόνου (hēméra Krónou)dies Saturni
Tag der Sonne (des Sol/Helios)ἡμέρα Ἡλίου (hēméra Hēlíou)dies Solis

Einige der lateinischen Bezeichnungen kann man direkt in einigen europäischen Sprachen wiederfinden, zum Beispiel im Französischen lundi (dies Lunae) oder mardi (dies Martis) oder im Englischen Saturday (dies Saturni).

In Paul Maars Sams-Büchern spielen die Namen der Wochtentage eine Hauptrolle. Leicht zu übersetzen sind sie nicht!

In den meisten germanischen Sprachen sind die Namen der meisten Wochentage Übersetzungen der lateinischen Namen, wobei dahinter wiederum zum Teil eine Gleichsetzung römischer Götter mit germanischen Gottheiten steckt (die sogenannte interpretatio germanica), die nach damaligen paganen Vorstellungen ähnliche Aufgaben hatten wie ihre römischen Entsprechungen. So sah man als Entsprechung zu Mars den Gott Ziu (im Altwestnordischen Týr, also Tyr), der unter anderem für die Volksversammlung (das Thing) zuständig war. Als Pendant zu Merkur galt Wotan (altwestnordisch Óðinn, also Odin). Die Blitze schleuderte parallel zu Jupiter der Gott Donar (Þórr, also Thor), und Venus wird im Germanischen von der Göttin Fria (Frigg) vertreten. Sonne und Mond als Namensgeber der Wochentage konnten direkt übernommen werden.

Vor diesem Hintergrund lassen sich die meisten skandinavischen Wochentagsnamen erklären:

  • Der Montag heißt in allen skandinavischen Sprachen Mondtag: dänisch und norwegisch mandag, färöisch mánadagur, isländisch mánudagur, schwedisch måndag.
  • Für Dienstag finden wir Wörter, die auf Tyr zurückgehen, im Dänischen und Norwegischen (tirsdag), im Färöischen (týsdagur) und im Schwedischen (tisdag).
  • Mittwoche heißen nach Odin im Dänischen, Norwegischen und Schwedischen (onsdag).
  • Thor steckt in den dänischen, norwegischen und schwedischen Wörtern (torsdag) sowie im färöischen Wort (hósdagur) für den Donnerstag.
  • Frigg finden wir in dänischem, färöischem, norwegischem und schwedischem fredag (Freitag).
  • Und der Sonntag heißt überall Sonnentag: dänisch und norwegisch søndag, färöisch und isländisch sunnudagur, schwedisch söndag.

Übrig bleiben nur ein paar Wochentagsnamen, die einen anderen Ursprung haben:

  • Der Mittwoch ist im Färöischen (mikudagur) und Isländischen (miðvikudagur) wie im Deutschen nach der Wochenmitte benannt, die nach früherer Zählung (mit dem Wochenbeginn am Sonntag) auf diesen Tag fiel.
  • Der Sonnabend heißt in allen skandinavischen Sprachen Badetag: dänisch und norwegisch lørdag, färöisch leygardagur, isländisch laugardagur, schwedisch lördag – einmal in der Woche waschen war offenbar schon in grauer Vorzeit ein gesundes Minimum. Etymologisch steckt dasselbe germanische Wort dahinter wie im deutschen Lauge.

Im Isländischen schließlich hat sich christlicher Einfluss bemerkbar gemacht: Hier sind auch die übrigen Wochentagsnamen, die auf germanische Gottheiten verweisen, sind systematisch durch andere Bezeichnungen ersetzt, die entweder religiös neutral sind oder einen direkten Bezug zum Christentum haben. So heißt der Dienstag þriðjudagur (dritter Tag, von Sonntag an gerechnet), der Donnerstag fimmtudagur (fünfter Tag) und der Freitag föstudagur (Fastentag).