Wer sich als Deutschsprachige:r zum Beispiel mit den skandinavischen Sprachen auseinandersetzt, kann die vielen Übereinstimmungen im Wortschatz kaum übersehen, die (größtenteils) davon herrühren, dass die Wörter einen gemeinsamen Ursprung im Protogermanischen haben, also der Ursprache, aus der alle alle germanischen Sprachen letztlich entwickelt haben. Wenn man verstanden hat, dass Haus, hus und hús ursprünglich dasselbe Wort gewesen sind, dann wundern einen Gemeinsamkeiten wie die zwischen Schiff, schip, ship, skib, skip und skepp oder zwischen grün, groen, green, grøn, grønn, grön, grænn und grønur auch nicht mehr – die Wörter der einzelnen Sprachen lassen sich quasi algorithmisch auseinander ableiten und ineinander übersetzen, wenn man ein paar lautliche Zusammenhänge kennt.
Umso mehr wundert es einen aber vielleicht, wenn andere Wörter ganz stark voneinander abweichen – wie es bei einer Reihe recht häufiger Präpositionen der Fall ist:
Deutsch | bei | zu | zwischen | (zwischen/unter) | durch | auf |
Dänisch | hos | til | mellem | blandt | gennem | på |
Färöisch | hjá | til | millum | – | gjøgnum | á |
Isländisch | hjá | til | millum | – | gegnum | á |
Norwegisch | hos | til | mellom | blant | gjennom | på |
Schwedisch | hos | till | mellan | bland | genom |
Mit den skandinavischen Formen kann man auf den ersten Blick vielleicht wenig anfangen. Aber hier hilft ein Blick in die Wortgeschichte:
- Die Form hos (bei) geht letztlich auf das germanische Wort für Haus zurück. Der Zusammenhang besteht darin, dass man bei jemandem ist, wenn man sich in/an seinem Haus aufhält.
- Dasselbe gilt auch für hjá, nur dass hier ein anderes Wort für Haus oder genauer Haushalt zugrundeliegt (protogermanisch *hīwô), das sich heute noch im Skandinavischen zum Beispiel im färöischen hjún oder im isländischen hjón (Ehepaar) findet.
- Die Formen til und till (zu) sind verwandt mit dem deutschen Ziel – was sehr gut zur Bedeutung passt, denn sie geben ja in der Regel auch ein Ziel an.
- Hinter mellem (zwischen) und den entsprechenden Formen in den verschiedenen Sprachen steckt ein altes Wort für Mitte (das wie im englischen middle ein l aufwies. Die Endungen (-em, -um, -om, -an) sind ursprünglich Kasusendungen. Die Verwendung des Worter als Präposition geht zurück auf Ausdrücke wie in der Mitte von, was man sich gut als Ausgangspunkt für die heutige Bedeutung vorstellen kann.
- Die Präposition blandt (zwischen/unter im Sinne des englischen among) geht zurück auf ein Verb für mischen, das heute noch erhalten ist (z. B. in schwedischem blanda. Übrigens steckt auch hinter englischem among ein Verb mit derselben Bedeutung, das wir aus dem Deutschen noch kennen: (ver)mengen. Das Niederdeutsche hat in dieser Bedeutung mang.
- Die Wörter gennem usw. enthalten wieder eine Kasusendung, und der Stamm gen– (usw.) kommt von einem Wort, das kurz, schnell oder einfach bedeutete. Durch etwas hindurch ist eben der kürzere Weg als der außen um etwas herum.
- Die Entsprechungen zu deutschem auf sehen verschiedener aus, als sie sind: Auch hinter på verbirgt sich ursprünglich dasselbe Wort, das in á noch erhalten ist und das etymologisch deutschem an entspricht. Noch im Mittelalter konnte es zum Beispiel auf Dänisch auch noch a heißen. Das p ist deshalb dazugekommen, weil Verbindungen wie up a (oben auf, hinauf auf) so häufig vorkamen, dass sie irgendwann als ein Wort empfunden wurden (z. B. upa) – und dann ist das u verschwunden.