Tag 12: Das bløde (blöde?) d

dgrød med fløde mit mindestens drei weichen d – ein beliebtes dänisches Dessert und der Titel eines Phonetiklehrbuchs.

Wenn es einen Laut in den skandinavischen Sprachen gibt, der so häufig und ungewohnt ist, dass er vom ersten Hören an einen bleibenden Eindruck hinterlässt, dann ist es wohl das dänische bløde d. Dieser Laut entspricht typischerweise dem geschriebenen d nach Vokalen so wie in blød (weich), gade (Straße) oder hedde (heißen) und außerdem dem geschriebenen et in manchen Endungen, zum Beispiel in huset (das Haus) oder skrevet (geschrieben).

Deutschsprachige, die das weiche d hören, denken meistens zuerst an ein l, und auch Lerner:innen mit Deutsch als Ausgangssprache fällt es oft zu Anfang schwer, weiches d und l auseinanderzuhalten – auch wenn es natürlich im Dänischen beide Laute gibt und sie nicht dasselbe sind.

In seiner Artikulation ist das weiche d ein sogenannter Approximant. Das bedeutet: Es wird dadurch gebildet, dass wer Weg der Atemluft im Mund so weit eingeengt wird, dass eine charakteristische Klangfarbe entsteht (darin ähnelt es einem Vokal), aber nicht so weit, dass Verwirbelungen im Luftstrom entstehen, die man als Geräusch wahrnehmen würde. Beim weichen d betrifft diese Einengung den Abstand zwischen der Zungenspitze und dem oberen Zahndamm. (Wäre der Abstand geringer, würde man einen th-Laut wie im englischen weather hören.)

Bei vielen Sprecher:innen bleibt es aber nicht dabei, sondern sie engen den Weg der Luft auch weiter hinten im Mund noch ein. Dabei heben sie die gesamte Zunge an, und man hört den Effekt einer Engebildung zwischen Zungenrücken und weichem Gaumen. Das nennt man Velarisierung. Der Höreindruck erinnert dann etwas an das englische ‚dunkle l‚ wie in well, das auch mit Velarisierung gebildet wird.

Lautschriftsymbol für das weiche d – und für die Website udtale.de.

Und warum hören Deutschsprachige diesen Laut als l? Wohl weil die beiden Laute ähnlich gebildet werden. Der Unterschied ist, dass beim l sich die seitlichen Ränder der Zunge verhalten wie bei einem Approximanten (Engebildung, aber ohne Verwirbelung), aber die Zungenspitze in der Mitte den Zahndamm berührt – die Luft kann also nur an der Seite vorbei, und das erzeugt die typische l-Klangfarbe.

(Alles über dänische Phonetik für Deutschsprachige findet man auch auf udtale.de.)