Söventeihn. Sytten. Seytjan. Sautján. Sytten. Sytten. Sjutton.

Heute, morgen und übermorgen geht es um ein paar Wörter, die inhaltlich nichts miteinander zu tun haben, aber trotzdem interessant sind, weil sie recht häufig vorkommen und zur Alltagssprache gehören (oder gehört haben).

Den Anfang machen die Wörter für werden und bleiben. Hier haben wir im Dänischen blive, im Färöischen blíva, im Norwegischen und Schwedischen bli (ältere Varianten davon sind blive und bliva). Die Hauptbedeutung ist in den heutigen skandinavischen Sprachen ist werden, und das passt auch zu ihrer Verwendung als Hilfsverben bei der Bildung von Passivkonstruktionen (wie in døren blev åbnet „die Tür wurde geöffnet“). Diese Wörter kommen aus dem Niederdeutschen (mnd. blīven, heute blieven) und haben die älteren skandinavischen Wörter für werden (wie z. B. färöisches verða, norwegisches verte oder schwedisches varda) teils ergänzt, teils auch abgelöst. Seltsam an der Geschichte ist, dass das niederdeutsche Wort nur bleiben bedeuten konnte, aber nicht werden. Hier hat sich die Bedeutung also auffällig verändert: Werden bedeutet, dass eine Veränderung eintritt, bleiben eher das Gegenteil.

August Strindberg, Public domain, via Wikimedia Commons
August Strindbergs Tragödie Fröken Julie – ein schwedischer Klassiker ohne ein einziges genuin schwedisches Wort im Titel, denn der Name der Hauptfigur ist französisch.

Man kann sich allerdings einige Verwendungsweisen vorstellen, bei denen sich beide Bedeutungen überschneiden: Niederdeutsches stahn blieven (stehen bleiben) bedeutet wörtlich übersetzt stehend bleiben (mnd. stānde blīven), also mit einem Partizip. Derselbe Ausdruck findet sich so auch in skandinavischen Sprachen (zum Beispiel in blive stående). Gemeint ist stehend zurückbleiben, man könnte den Ausdruck aber auch als stehend werden auffassen, also anfangen zu stehen. Dasselbe gilt für andere Ausdrücke wie sitten blieven (sitzen bleiben) oder liggen blieven (liegen bleiben). Außerdem gibt es noch das Verb dootblieven (mnd. dōt blīven), wörtlich übersetzt tot bleiben – hier passt die Bedeutung gut zu werden, denn dieses Verb bedeutet sterben.

Als zweites kommen die Wörter für benutzen/verwenden. Das sind im Dänischen bruge, im Färöischen und Isländischen (etwas altertümlich) brúka, im Norwegischen bruke und im Schwedischen bruka. Diese Wörter haben ihren Ursprung im mittlniederdeutschen brūken (heute bruken). Das etymologisch entsprechende Wort im Hochdeutschen ist gebrauchen. Hier zeigt sich, dass das Präfix ge- im Niederdeutschen fast nicht vorkommt – das gilt ganz generell, also zum Beispiel auch bei den Perfektpartizipien, die anders als auf Hochdeutsch ohne ge- gebildet werden: Dat hebbt wi noch nie bruukt un köönt wi vundaag ok nich bruken (Das haben wir noch nie gebraucht und können wir heute auch nicht gebrauchen).

Zum Schluss für heute eine Gruppe von Wörtern, die heute jedenfalls in seiner älteren Bedeutung nicht mehr ganz so üblich sind, früher aber sehr gebräuchlich waren: die für Fräulein. Das niederdeutsche Wort dafür hat es in alle skandinavischen Sprachen geschafft (dän./norw. frøken, fär. frøkun, isl./schw. fröken). Im Mittelniederdeutschen hieß es vröken oder vröuweken, und es war zusammengesetzt aus dem Wort für Frau (vrūe/vrouwe und weitere Varianten) und der Endung -ke(n) (-chen, -lein). Dass es das Wort heute im Niederdeutschen nicht mehr gibt, hängt mit zwei Entwicklungen zusammen: Erstens gibt es heute so gut wie keine Möglichkeit mehr, Verkleinerungsformen („Diminutive“) zu bilden, indem man eine Endung an ein Substantiv hängt (ein Häuschen ist ’n lütt Huus, ein Pünktchen ist ’n lütten Punkt). Und zweitens war das deutsche Fräulein zuletzt nur noch als höfliche Anrede gegenüber unverheirateten Frauen gebräuchlich, die man siezte. Mit solchen Leuten hätte man aber zumindest im letzten Jahrhundert kein Niederdeutsch mehr gesprochen, sondern natürlich Hochdeutsch.